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Sonntag, 8. Mai 2016

Der Geist von Wildbad-Kreuth

Nach einer Umfrage von Infratest fänden es 49% der Unionsanhänger gut, würde die CSU bei der nächsten Bundestagswahl allein antreten. Nicht mehr zusammen als Union, sondern getrennt als CDU und CSU mit unterschiedlichen Programmen und Spitzenkandidaten.
Diese 49% Unionsanhänger stimmten damit über ein Ende der Union ab. Für den Erhalt der Fraktionsgemeinschaft waren 43%. 

Es ist nicht das erste Mal dass sich CDU und CSU soweit entfremden und die seit 1949 bestehende Fraktionsgemeinschaft in Frage gestellt wird. Noch wurde es zwar offiziell von keiner der beiden Parteien verlautbart, aber die Ankündigung Seehofers mit eigenem Programm und eigener Spitzenkandidatur in den Bundeswahlkampf 2017 ziehen zu wollen, kommt einer Absage an die notwendige Erneuerung der Fraktionsgemeinschaft nahe. Die wird für jede Legislaturperiode neu gebildet.  

Es ist der Geist von Wildbad-Kreuth den Seehover nun aus der Flasche lässt. Damals, vom 18.-19.11.1976 hatte die CSU die Trennung von der CDU beschlossen, weil die Wahlen zum Bundestag an die regierende sozial-liberale Koalition verloren gingen. Der CDU wurde von der CSU vorgeworfen, schon beim verlorenen Bundestagswahlkampf 1972 nicht konfrontativ genug gegen die SPD/FDP-Regierung gekämpft und die Deutschlandpolitik vernachlässigt zu haben. 

Spätestens an diesem Punkt werden Parallelen sichtbar. Schließlich bekommt die Kanzlerin für ihre Flüchtlings- und Migrationspolitik, die sie nicht trennt, mehr Zustimmung außerhalb des Unionslagers als innerhalb. 
SPD und Grüne springen Merkel regelmäßig bei, wenn ihr Lavieren und ihre Weigerung die illegale Zuwanderung durch europäische Grenzbefestigungen, dort wo es möglich ist, zu begrenzen, die bayrische Landesregierung in Unverständnis zurücklässt. Bayern trug und trägt die Hauptlasst der Folgen der neuen deutschen Migrationspolitik. 

Die CSU hat schon mehrfach der CDU gedroht: etwas verhalten mit Koalitionsbruch im Dezember 2015 und mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht im Januar 2016. Beide rauften sich immer wieder zusammen, auch wenn die Differenzen nicht ausgeräumt wurden, sondern nur verschoben. 
So wie jetzt - man will sich Ende Juni treffen und beraten. 

Der Wahlkampf für die Bundestagswahl hat indessen begonnen und die CDU fällt in den Umfragen Richtung neuer Tiefenrekorde. Die letzten Wahlschlappen der CDU in Baden-Würtenberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt waren nur der Auftakt zu einem anhaltenden Trend. 
Natürlich besteht für die CSU die Gefahr mitgerissen zu werden, wenn sie für ihre Wähler nicht den Unterschied zur Partei Angela Merkels auch programmatisch verdeutlicht. 

Ihr bleibt schlicht nichts anderes übrig. Obwohl der Preis sehr hoch werden könnte. 
Denn wie schon damals nach Wildbad-Kreuth wird die CDU drohen auch in Bayern anzutreten und würde die CSU bundesweit antreten, wäre sie keine bayrische Partei mehr. 
Ihr könnte sogar ein ähnliches Schicksal drohen, wie der AfD. Deren Führungspersonal und Ausrichtung hat sich seit ihrer Gründung geändert - inklusive Spaltung. 
Ob die CSU-Führung die Partei bundesweit auf bayrischem Kurs zu halten vermag und die Zügel in der Hand ist offen. Es ist realistischerweise eher mit nein zu beantworten. 

Andererseits verschärft Seehofer bestimmt nicht den Druck ohne die Konsequenzen durchgespielt zu haben. 
Es wird spannend. 

Aber eines kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon mal festgestellt werden:
Angela Merkel stürzt die Union nach einer knapp verpassten absoluten Mehrheit innerhalb einer Legislaturperiode in ihre tiefste Kriese. Der Geist von Wildbad-Kreuth selbst läutet den Wahlkampf ein und wird ihn wohl bis zum Urnengang begleiten. 

Und wird dann gewählt, sitzt er mit am Tisch der Koalitionsgespräche, wenn das was von der Union übrig ist, überhaupt verhandelt.  

Erling Plaethe

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