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Freitag, 13. März 2015

BVerfG-Urteil verwirft Privilegierung christlich-abendländischer Kulturwerte

Drei Sätze des Schulgesetzes von NRW sind Gegenstand des heutigen BVerfG-Urteils. Doch nur der dritte Satz wurde komplett verworfen. Er lautet wie folgt:
Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Artikel 7 und 12 Abs. 6 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1. 
Die Verfassungsrichter sehen in diesem Satz eine unzulässige Privilegierung, weil er gegen das grundgesetzlichen Verbot der Benachteiligung aus religiösen Gründen verstößt.

Was auf den ersten Blick schockierend sein mag, eröffnet auf den zweiten die Möglichkeit religiösen Bekundungen durch Lehrkräfte Einhalt zu gebieten.


Denn die anderen beiden beanstandeten Sätze:
Lehrerinnen und Lehrer dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußere Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülerinnen und Schülern oder den Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich- demokratische Grundordnung auftritt.
sollen lediglich dahingehend verfassungskonform eingeschränkt werden, dass
"von einer äußeren religiösen Bekundung nicht nur eine abstrakte, sondern eine hinreichend konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität ausgehen muss, um ein Verbot zu rechtfertigen."
Solch eine konkrete Gefahr kann durchaus an Schulen mit einem hohen Anteil an in Koranschulen radikalisierter muslimischer Schüler nachgewiesen und benannt werden.

Möglicherweise ist dies auch der beste Weg, wie an den Schulen hinsichtlich des Islams und seiner unterschiedlichen Varianten flexibel reagiert werden kann und muss.
Eine stärkere Säkularisierung bietet die Chance, Schulen wieder mehr als Bildungseinrichtungen zu definieren und weniger als Meinungsbildungseinrichtungen.

Christlich-abendländische Kulturwerte können und sollten sich nun stärker auf ihre liberale Tradition aus der Aufklärung heraus definieren. Etwas das m.E. viel zu kurz kommt in unserer Gesellschaft.
Dieser Antagonismus zwischen religiöser Toleranz einerseits und der Bevorzugung einer Religion andererseits wurde argumentativ schon zu lange unter den Teppich gekehrt. Nun wurde ein Urteil gefällt, dass der Toleranz mehr Raum einräumt als der Tradition.
Das nenne ich ein zutiefst liberales Urteil.

Auch wenn das Urteil auf den ersten Blick schockierend ist, sollte man die Chancen sehen und den nun anstehenden Handlungsbedarf. Eine pauschalisierende Verurteilung des gesamten Islam wie sie ebenso gesellschaftsfähig geworden ist, wie die Verharmlosung seiner verfassungsfeindlichen Strömungen, mag in Polemiken die jeweilige Peergroup unterhalten. Ein oberstes Gericht jedoch, muss eine breitere und differenziertere Perspektive einnehmen.

Das hat das BVerfG mit diesem Urteil getan. Es hat die pauschale Beurteilung des Bekenntnisses zum Islam als eine gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung, die Freiheitsgrundrechte und gegen die FDGO gerichtete Handlung, verworfen.

Die Judikative kommt damit den islamischen Religionsgemeinschaften ein gewaltiges Stück entgegen, weil sie Unschärfen auflöst.

Zeit für eine entsprechende Gegenreaktion.

Erling Plaethe

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